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Interview Joep van Asperen (Rheinische Post 14 Juli 2021): „Patienten leiden unter Kraftverlust“

Der Osteopath und Heilpraktiker Joep van Asperen bietet Behandlungen für Post-Corona-Patienten an.


Joep van Asperen begann 1979 seine Ausbildung zum Physiotherapeuten an der Fachhochschule in Nimwegen, eine Ausbildung als Osteopath und Heilpraktiker folgten. In seinem Therapiezentrum Neukirchen behandelt er nun auch Post-Corona-Patienten. Im Interview berichtet er über seine Erfahrungen und Therapiemöglichkeiten.


RP: Herr van Asperen, in wie weit spielt das Thema Corona in ihrer Praxis eine Rolle?
Van Asperen: In unserer Praxis haben wir schon viele Patienten gehabt, die an Corona erkrankt waren, nun an den Folgen leiden und nach Hilfe gesucht haben. Nach Corona kommt es leider oft zu Lungenerkrankungen. Die Patienten haben oftmals eine eingeschränkte Atemkapazität, es fehlt ihnen an Energie und sie leiden unter starken Kraftverlust. Es ist daher von größter Bedeutung, dass bei diesen Symptomen und Beschwerden so schnell wie möglich mit der Rehabilitation begonnen wird.

RP: Wie können Sie in Ihrem Therapiezentrum helfen?
Van Asperen: Die Osteopathie-Ausbildung beinhaltet auch die Behandlung von Organen, so auch der Lunge. Ich habe an einem umfangreichen Kurs teilgenommen, der sich mit diesem Thema beschäftigt hat, und meinen Mitarbeitern in einer internen Schulung die Essenz davon vermittelt. Alle unsere Physio- und Ergotherapeuten haben diese Ausbildung absolviert, die speziell auf die Behandlung von Corona-Erkrankten ausgerichtet ist. Dieser praktisch-theoretische Workshop befähigt unserer Therapeuten, funktionelle Lungenerkrankungen zu behandeln.

RP: Wie sah diese Schulung aus?
Van Asperen: Während der Schulung wurde zunächst der Umgang mit Messgeräten gelehrt. Wir haben zum Beispiel ein Peak-Flow-Messgerät angeschafft, womit die Lungenfunktion bestimmt werden kann, sowie ein Oxiometer, das die Sauerstoffsättigung misst. Weitere Schwerpunktthemen waren Anatomie, Physiologie und Erkrankungen der Lunge, Mobilisierungstechniken der Pleura und des Zwerchfells, Funktionstests der Lunge sowie Techniken zum Trainieren der Zwerchfellstärke. Darüber hinaus wurden die besondere Herangehensweise und das effektive Training der Kraft und Ausdauer von Corona-Patienten ausführlich diskutiert. Wobei ich betonen muss, dass wir nicht das Organ Lunge behandeln können, jedoch Funktionsstörungen rund um die Lunge.
Wir haben auch über weitere Reha-Maßnahmen gesprochen. Wenn jemand wirklich stark an Kraft eingebüßt hat und keine Ausdauer mehr hat, wenn jemand die Treppen nicht mehr hochkommt – wie arbeitet man dann mit solch einem Patienten? Bei Post-Corona-Patienten gibt es bestimmte Regeln zu beachten, man kann eine Reha nicht so anfangen, wie bei jemanden, der z.B. ein neues Hüftgelenk bekommen hat. Die Leute müssen viel langsamer herangeführt werden, da sie sehr schnell überlastet sind. Da ist Geduld gefragt – bei Patient und Therapeut: Der Mensch unterschätzt häufig, was er langfristig erreicht und er überschätzt, was er kurzfristig erreicht.

RP: Welche Rolle spielt die Psyche nach einer Corona-Erkrankung?
Van Asperen: Die spielt eine sehr große Rolle. Im Bekanntenkreis habe ich eine Person, die ist vor ihrer Corona-Erkrankung regelmäßig 15 Kilometer gejoggt. Jetzt kann sie auch nach einem Jahr nach der Erkrankung noch keine 300 Meter laufen und nicht länger als zehn Minuten Fahrrad fahren. Die Menschen spüren eine enorme Beschädigung ihres Körpers, das tut emotional weh, macht Angst aber auch traurig. Auch darauf müssen wir als Therapeuten eingehen können. Daher war das Thema Psychologie und Emotionen bei Corona-Patienten auch ein sehr wichtiger Punkt in unserer Schulung.

RP: Wie läuft eine Behandlung ab?
Van Asperen: Das allerwichtigste ist zunächst die Diagnostik. Wir müssen wissen, ob die Lunge funktionell beschädigt ist, gibt es Verklebungen, ist das Zwerchfell geschwächt? Dann können wir ganz gezielt daran arbeiten, die Reha darauf ausrichten und zum Beispiel Bewegung und Kraft trainieren. Die Diagnostik ist so wichtig, weil wir erst dann wissen wir, wo wir Akzente setzen müssen: Sei es in der Cardio, bei der Kraft oder bei der Funktion eines beschädigten Organs.
Mit Hilfe von Messgeräte können wir den Fortschritt objektiv messen. Ab der ersten Behandlung hält der Therapeut die Werte und Befunde in einem Formular fest. So bekommen wir ein klares Bild davon, wie gut und wie schnell der Patient vorankommet. Schwerkranke Patienten können infolge längerer körperlicher Inaktivität aufgrund einer Krankheit Atemwegssymptome haben. Dies ist das sogenannte Post Intensive Care Syndrom (PICS). Die Erholung kann Monate bis Jahre dauern und erfordert eine angemessene Anleitung. Unsere Logopäden haben viel Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit Atemwegsproblemen. Zwei Therapeuten sind in der Behandlung von Lymphstau im Nacken und der Verbesserung der Immunfunktion ausgebildet.

RP: Bezahlt die Krankenkasse die Behandlung?
Van Asperen: Der erste Weg führt zunächst zum Hausarzt, wenn dieser eine Reha-Maßnahme verordnet, werden die Kosten selbstverständlich von der Krankenkasse übernommen.